Reform der Krankenhausreform – DGCH: Das KHAG geht auf Kosten der Qualität und damit schwerkranker Patientinnen und Patienten
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat am 6. August einen Referentenentwurf zur Anpassung der Krankenhausreform vorgelegt. Das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG), wie der neue Gesetzentwurf heißt, soll das im Dezember 2024 unter dem vorherigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beschlossene Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) „praxisgerechter“ gestalten, wie die Bundesministerin erklärte.
„Tatsächlich aber erhalten in erster Linie die Bundesländer erheblich mehr Spielraum, um von den im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz festgelegten Standards abzuweichen“, kritisiert Schmitz-Rixen. So dürften Leistungsgruppen künftig auch dann zugewiesen werden, wenn die geforderten Qualitätskriterien – etwa bestimmte Facharztzahlen oder technische Ausstattung – nicht erfüllt sind, sofern dies für die flächendeckende Versorgung „zwingend erforderlich“ sei. Diese Ausnahmen können bis zu sechs Jahre gelten, für Kliniken mit Sicherstellungszuschlägen sogar unbefristet. „Damit werden politische und regionale Interessen gestärkt, während die ursprünglich geplante Konzentration von komplexen Leistungen in spezialisierten Zentren an Verbindlichkeit verliert“, stellt der DGCH-Generalsekretär fest. Die Stärkung der Länderkompetenzen befördere die Gefahr einer politisch motivierten, uneinheitlichen Krankenhausplanung, die langfristig zu einem Flickenteppich in der Versorgungsqualität führe.
Auch die Leistungsgruppen selbst werden mit dem KHAG angepasst: Statt 65 sind künftig nur noch 61 Gruppen vorgesehen, und bei mehreren Fachgebieten werden die personellen und organisatorischen Anforderungen gelockert. So sinkt etwa die vorgeschriebene Endoskopie-Vorhaltezeit in der Inneren Medizin, und die Pflicht zur Vorhaltung eines Blutdepots entfällt in der speziellen Traumatologie. „Solche Änderungen erhöhen die Flexibilität der Kliniken, bergen jedoch das Risiko einer schleichenden Qualitätsabsenkung“, kritisiert Schmitz-Rixen. Das gelte insbesondere für die Lockerung bei onkochirurgischen Mindestmengen und Spezialisierungsanforderungen. „Onkologische Fachverbände und Vertreter seltener Erkrankungen warnen zu Recht, dass künftig mehr komplexe Operationen in Kliniken mit geringer Fallzahl durchgeführt werden, was das Risiko für Patienten erhöhen könnte“, sagt der DGCH-Generalsekretär.
Das KHAG enthält aus Sicht der DGCH aber auch positive Punkte. Der Bund beteiligt sich nun mit jährlich 2,5 Milliarden Euro am Transformationsfonds, der Kliniken bei der Umstrukturierung unterstützen soll – ursprünglich sollten die GKV-Beitragszahler allein dafür aufkommen. Zudem wird die Mindestreserve des Gesundheitsfonds von 20 auf 22,5 Prozent erhöht, um die Liquidität abzusichern. Vorgaben, die Krankenhäuser bei Förderanträgen zur Prüfung ihres Insolvenzrisikos durch Wirtschaftsprüfer verpflichteten, entfallen, was den Kliniken rund drei Millionen Euro jährlich an Bürokratiekosten erspart. „Diese beiden Punkte begrüßen wir“, so Schmitz-Rixen.
Insgesamt wirke der Gesetzentwurf jedoch wie eine politische Kompromisslösung, die die Reformziele zwar formal beibehalte, sie aber durch großzügige Ausnahmen, verlängerte Übergangsfristen und weichere Standards stark abschwäche, resümiert der DGCH-Generalsekretär. „Im Ergebnis werden bestehende Strukturen stabilisiert und notwendige Qualitätsverbesserungen in die Zukunft verschoben“, so Schmitz-Rixen. Damit sei zwar der akute Reformdruck für zahlreiche Krankenhäuser genommen, zugleich steige jedoch das Risiko, dass die angestrebte Spezialisierung und Qualitätssteigerung im Versorgungsalltag verwässert – und die eigentlichen Ziele der Krankenhausreform in den Hintergrund treten.
„Das neue Gesetz begünstigt die Bundesländer, die mehr Einfluss erhalten, aber auch die kleineren Krankenhäuser, die trotz Nichterfüllung von Qualitätskriterien weiter Leistungen erbringen können und in ihrem Bestand gesichert sind“. Das Reformwerk der Reform lässt zudem wichtige Dinge wie Regelungen zur Weiterbildung und eine auskömmliche Finanzierung der Hybrid-DRG im ambulanten Bereich vermissen. „Zu den Verlierern zählt an einigen Punkten die Qualität, das eigentliche Reformziel – und damit alle Patientinnen und Patienten mit komplexen oder seltenen Erkrankungen, die ein höheres Risiko tragen, dass ihre Behandlungen nicht in den erfahrensten Zentren erfolgen“, sagt DGCH-Präsident Roland Goldbrunner.
Bis zum 21. August sollen nun die Verbände zum KHAG angehört werden, das der Bundestag bis Jahresende beschließen soll. „Wir werden die kritischen Punkte zur Sprache bringen“, so Schmitz-Rixen.
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